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Claras-Puppe

Claras-Puppe

 

ClarasPuppe

Vorbemerkung; Lotte, Karo, Clara und Dagmar sind die *UGGs*, die jedes Jahr während der Herbstferien in St. Wolfgang im Landhaus am See zusammentreffen. Natürlich gibt es stets etwas Aufregendes zu erleben. Im ersten Jahr steht Claras Puppe im Mittelpunkt, um die man sich verdächtig viel bemüht. 

ZUM INHALT: Seltsame Dinge geschehen im Hotel Landhaus am See zu Appesbach, als Clara mit den Großeltern in St. Wolfgang anreist. Jemand will sich in Besitz der Puppe setzen, die sie auf dem Flughafen in Kopenhagen geschenkt bekommen hat. Zum Glück findet Clara in Lotte und Karo hilfbereite Freundinnen. Unter Führung des »UGGIS«, eines kleinen Stoff-Orang-Utan, machen sich die Drei daran herauszufinden, wer dahinter steckt. Auch Max und Micha versuchen zu ermitteln, was es mit der Puppe auf sich hat und wer sich so heftig um sie bemüht. Zum Schluss wird es richtig gefährlich und jemand muss um sein Leben zittern.

 

LESEPROBE: Vorgeschichte

Na, so was! Clara Hansen wunderte sich nicht wenig. Im Warteraum des Flughafens in Kopenhagen, den sie mit ihren Großeltern betrat, saß ein traurig aussehender Mann mit einem buschigen Schnurrbart, der mit seiner massigen Gestalt irgendwie an ein gestrandetes Walross erinnerte. Er sah aus, als käme er von einer Beerdigung, und verhielt sich auch so. Es war aber etwas anderes, das Clara so in Aufregung versetzte: Der Dicke trug nämlich in jedem Arm eine Puppe. Die eine, ein Partygirl, war blond, hübsch und irgendwie langweilig. Die andere, ein echter Wildfang, hatte ein sommersprossiges Gesicht, das von dunklen abstehenden Zöpfen umrahmt wurde.

Wo war das Mädchen, das dazugehörte? Clara blickte sich um, konnte es aber nicht finden. Vielleicht war es hinausgegangen und würde gleich wiederkommen. Als das nicht geschah, entschloss sich Clara, der Sache auf den Grund zu gehen. Sie lief zu dem Mann hin. »Sind das deine Puppen?«, fragte sie unsicher, da sie mit recht befürchtete, dass der Fremde nicht gestört werden wollte.

Der schreckte auf. Zwei traurige Augen schauten sie an. »Ja«, antwortete er dann. »Das heißt: eigentlich nein.« Er machte eine hilflose Geste, als wenn die Sache schwer zu erklären wäre. »Sie werden jedenfalls nicht mehr lange in meinen Händen sein.«

Clara wurde hellhörig: Irgendwie schien ihr, als könnte das wichtig sein. »Wieso?«, fragte sie schnell nach. »Bringst du sie weg?«

Der Mann nickte. »Eine traurige Geschichte, über die ich nicht gern spreche.« Er seufzte und schlug die Augen nieder. »Die Puppen gehörten meiner Enkelin, die bei einem Unfall ...« Er brach ab und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. »Nun suche ich ein neues Zuhause für die beiden. Blondi habe ich schon untergebracht: Das Kind meiner Nichte in Salzburg will sie haben. Für Mette« - er deutete auf die dunkelhaarige Puppe - »muss ich noch jemanden finden, dem ich sie anvertrauen kann. Da kann ich nicht jeden nehmen!«

Clara erkannte sofort, welche Chance sich ihr bot. »Dann gib sie mir!«, sagte sie schnell. »Ich habe mir echt so eine Puppe gewünscht.«

Der Mann stutzte. »Würdest du sie gut behandeln?«, fragte er. »Sie ist sehr traurig und braucht viel Liebe.«

»Bestimmt!«, versicherte Clara eifrig. »Ich werde sie immer bei mir tragen, ihr jeden Wunsch erfüllen, sie nicht aus den Augen lassen und …«

»Schon gut, das reicht«, unterbrach der Puppenmann und raffte sich zu einem Lächeln auf. »Was werden deine Eltern dazu sagen?« 

»Sie sind sicher einverstanden. Und meine Großeltern auch. Sie sitzen dort drüben. Ich fahre mit ihnen in den Schulferien eine Woche nach St. Wolfgang am Wolfgangsee, wo wir Urlaub machen.«

»Okay!« Der Mann lachte kurz auf. »Dann bist du gerade Mutter geworden.« Er drückte dem Mädchen die Puppe in den Arm. »Halt sie fest und verlier sie nicht!«, fügte er hinzu. »Ich werde dich während des Fluges beobachten und sehen, ob mein Vertrauen gerechtfertigt ist.«

»Das ist es, Ehrenwort!« Clara wandte sich zum Gehen.

»Einen Moment noch!«, rief der Mann. »Wie heißt du?«

»Clara Hansen aus Kopenhagen!« Das Mädchen winkte noch fröhlich und kehrte dann mit ihrer Neuerwerbung zu den Großeltern zurück, wo sie alles erzählte.

Die Großmutter suchte daraufhin den großzügigen Spender auf und erkundigte sich, ob Clara die Puppe wirklich behalten dürfe. »So habe ich es gesagt!«, bestätigte der Mann und erklärte, dass er froh sei, jemanden gefunden zu haben, der das Geschenk zu schätzen wisse. Er erwähnte den Trauerfall, der ihn getroffen hatte, wiederum nur andeutungsweise. Der Verlust schien noch zu frisch zu sein, als dass er auf Einzelheiten  hätte eingehen wollen.

Frau Hansen warf dem Sprecher einen mitleidigen Blick zu und versicherte, dass sie nachfühlen könne, was er durchmache. »Wir werden Mette in Ehren halten«, beteuerte sie, bedankte sich und ging zu ihrem Sitzplatz zurück.

In Salzburg angekommen, wurde das Walross von einem blonden Jüngling angesprochen, der auffallend modisch gekleidet war. »Wo ist sie, Vater?«, fragte er und blickte befremdet auf den leeren Arm an der linken Seite. 

»Dort!«, antwortete der Angesprochene unbekümmert und zeigte auf ein Hotelfahrzeug, das sich gerade entfernte. Er hatte seine traurige Miene abgelegt und wirkte sehr zufrieden.

»Bist du von allen guten Geistern verlassen?«, fuhr ihn der Jüngling an. »Das war wohl das Dümmste, was dir hätte einfallen können.«

»Im Gegenteil, mein Sohn.« Der Puppenmann strahlte. »Ich bin ausgesprochen stolz auf die Idee.«

»Das sagst du immer, Vater. Zum Improvisieren gehört aber Talent, das du leider nicht hast. Bisher hat sich dein Optimismus ...«

»Es war ein Gebot der Vorsicht!«, unterbrach der Ältere. »Am Flughafen in Kopenhagen hat es nur so vor Polizei gewimmelt und auch hier steht sie an der Abfertigung. Ein Mann mit zwei Puppen wäre wohl doch nicht so unauffällig gewesen, wie wir gedacht haben.«

»Mag sein!« Der junge Mann strich sich unwillig eine Locke aus dem hübschen Gesicht. Aber jetzt haben wir ein Problem: Wie finden wir sie wieder?« 

»Mach dir keinen Kopf«, lachte der Puppenmann. »Die Kleine hat mir Namen und Urlaubsziel genannt. Sie heißt  Clara Hansen und fährt nach St.Wolfgang.«

»Und das Hotel ...?«, wandte der Jüngling ein. »Der Ort ist vermutlich groß. Wir können nicht alles abklappern.«

»Da haben wir Glück gehabt!« Das Walross zeigte nochmals ein breites Lächeln. »Die drei wurden mit einem Fahrzeug abgeholt, das die Aufschrift trug: ›Landhaus zu Appesbach, St. Wolfgang‹. Du wirst sehen, die Sache wird ein Kinderspiel.«